Nun war es endlich wieder mal
soweit. Nach den bisherigen Kurzreisen in diesem Jahr in größtenteils
westeuropäische, geordnete Gefilde sollte es endlich wieder mal in den „wilden“
Osten gehen. Mit den Ländern Kosovo, Albanien, Bulgarien und Mazedonien auf dem
Reiseplan waren somit 16 erlebnisreiche Tage sicher.
Montag, 23.9.: Erfurt - Prishtina
Mit dem Zug ging es zunächst nach
München, wo der Oktoberfest-Wahnsinn am Hauptbahnhof schon für einen „herzlichen“
Empfang sorgte. Die S-Bahn brachte mich glücklicherweise weg von dort zum
Flughafen. Die Begrüßung durch die 2.Hälfte der Reisegruppe Erfurt war schon
wesentlich angenehmer, wenn auch leider ohne Pivo… Dafür wurde die Wartezeit
bis zum Abflug mit kostenlosen Heißgetränken und Tageszeitungen versüßt. Prima.
Ein Flieger der Adria Airways brachte uns schließlich recht komfortabel nach
Prishtina. In der Ankunftshalle fiel unser Blick direkt auf das große Portrait
eines bärtigen Mannes in Militärkleidung. Wer mag das wohl sein? Wir wussten es
nicht. Erst eine Internetrecherche am Abend sorgte für Aufklärung. Es handelte
sich um Adem Jashari, Kämpfer für die Unabhängigkeit des Kosovo, Volksheld und
Namenspatron etlicher Gebäude, u.a. auch des Flughafens. Auf Wikipedia gibt es
folgendes Zitat zu ihm: „Er mochte es sich zu betrinken, hinauszugehen und
Serben zu erschießen.“ Keine weiteren Fragen…
Vom „Adem Jashari-Flughafen“
wollten wir nun einen Bus ins Stadtzentrum Prishtinas nehmen. Nur war von einem
solchen oder einer Haltestelle nichts zu sehen. Also folgten wir dem Lockruf
eines Taxifahrers, der uns für 15 € direkt zu unserer Herberge (Guest House
Velania) brachte. Letztlich eine gute Entscheidung. Wer weiß, ob wir ansonsten
dort hingefunden hätten. Bei teils unbeleuchteten Nebenstraßen und nicht
vorhandenen Straßenschildern fällt die Orientierung doch etwas schwer. Später
fand auch Marco von unterwegs zu uns und komplettierte die Reisegruppe.
Dienstag, 24.9.: Prishtina
Am Dienstag sollte die Reise auch
in Sachen Fußball eröffnet werden. Ursprünglich war der Besuch eines
Erstligaspiels geplant, da das Internet aber ein Spiel der 1. Kosovarischen
Frauenliga im Nationalstadion versprach, entschieden wir uns für einen Verbleib
in Prishtina. Somit blieb auch ausreichend Zeit für einen Bummel durch die
Stadt: zum Busbahnhof, zum Bill Clinton-Denkmal (Ja, so etwas gibt es. Nein,
auf die Darstellung Monica Lewinskys wurde verzichtet.), zum zufällig
entdeckten „besten Kebap-Grill-Meister aus Peja“, über die Flaniermeile usw…
Leider blieb die Geschäftsstelle des kosovarischen Fußballverbandes unentdeckt,
so sie überhaupt existiert ;) Natürlich inspizierten wir auch schon mal das
Nationalstadion. Dafür, dass es erst 2005 renoviert wurde, machte es einen arg
ramponierten Eindruck. Vielleicht lag es an den Konzerten von 50 Cent und Snoop
Dogg in der Vergangenheit… Direkt neben dem Stadion lenkte ein monströses
Gebäude unsere Aufmerksamkeit auf sich – der Palast der Jugend und des Sports (Pallati
i Rinisë dhe Sporteve). Natürlich prangerte auch an dessen Eingang ein
überdimensionales Abbild Adem Jasharis. Wenige Meter weiter entdeckten wir gar
ein Plakat, das zwei Basketballspiele am Abend in eben diesem Komplex
ankündigte. Toller Zufall!
FCF Prishtina - KF Vizioni Ferizaj, Raiffeisen Superliga Femra

Zur Abendgestaltung hatten wir
uns ja Basketball im Jugend-Palast ausgewählt. Da aber nur wenige Zuschauer
anwesend waren und der Sport auch nicht unser Favorit ist, waren wir schnell
gelangweilt. Es gab nicht mal Cheerleader, von Bier ganz zu schweigen. Also
machten wir uns auf, um den Komplex zu erkunden. Neben der
Basketball-/Handball-Halle befindet sich noch eine zweite Halle unter dem Dach
des Palastes. Diese ist mittlerweile in einen Parkplatz umfunktioniert wurden
und war womöglich mal eine Eishalle. Schummriges Licht und der allgemeine
Abriss-Zustand des Gebäudes verbreiteten eine dezent gruselige, gleichzeitig
aber faszinierende Atmosphäre. Ein perfekter Abenteuer-Spielplatz! Nachdem wir
alle Ecken ausgekundschaftet hatten, schauten wir nochmal beim Basketball
vorbei – weiterhin nix los, also ab in die Herberge.
Mittwoch, 25.09.: Prishtina/Mitrovicë
Auf dem Wunschzettel stand heute
ein Tagesausflug nach Mitrovicë. Die Stadt im Nord-Kosovo ist in einen
serbischen und einen albanischen Teil geteilt. Die Grenze bildet dabei der
Fluss Ibra, der nur mittels 3 Brücken überquert werden kann. Aufgrund der
anhaltenden Spannungen wird die Hauptbrücke noch immer von KFOR-Truppen
bewacht. Obwohl für jeglichen Verkehr geöffnet, herrscht dort kaum Verkehr. Als
Tourist kommt sich da schon etwas komisch vor, wenn man mal kurz rüber läuft
und wieder zurück. Aber natürlich waren wir nicht hier her gekommen, um Brücken
zu besichtigen, sondern um dem Fußballsport zu frönen. Nach der Ankunft mussten
wir uns erst mal stärken. Das gelang wie gewünscht mit kulinarischen
Köstlichkeiten in einem landestypischen Kebap-Restaurant. Auf der Suche nach
dem örtlichen Stadion waren wir dann leicht verwirrt. Die Idee, einheimischen
Anhängern zu folgen, führte zu nichts, da jeder in eine andere Richtung zu
laufen schien. Also musste ein junger Kosovare von einem Werbestand am
Marktplatz herhalten, um uns zum Stadion zu führen. Sehr höflich!
KF Trepça '89 - FC Prishtina, Raiffeisen Superliga
Das Umfeld des Stadions versprach
erneut eine Bruchbude erster Klasse: bröckelnde Mauern, Graffiti, Müll,
Uringeruch. Hinter den Mauern besserte sich das Bild: eine zumindest intakte
Haupttribüne und ein Vereinsheim, dass sogar Bier verkaufte. Verwöhntes
Fußballherz, was willst du mehr?! Da störte es auch nicht, dass die einzige
Toilette auf dem Gelände bis zum Rand und sogar der Boden drum herum
vollgeschissen waren. Das Spiel (1-0) und die Zuschauer (ca. 2000) sorgten nebenbei für
reichlich Unterhaltung, insbesondere die aktive Anhängerschaft auf der
Heimseite mit Singsang und gelegentlichem Einsatz von Pyrotechnik. Wenn dann
aber auf einmal der Gästetrainer blutend in seiner Coaching-Zone liegt, weil er
irgendeine aus der Heimkurve geworfene Flasche abbekommen hat und Balljungen
Kieselsteine auf Spieler werfen, fragt man sich schon, was da eigentlich
abgeht. Andere Länder, andere Sitten. Abgebrochen wurde das Spiel natürlich
nicht. Es gab lediglich eine 15minütige Unterbrechung zur Behandlung der
Platzwunde des Trainers, der den Rest des Spiels tapfer seinen Turban zur Schau
trug.
Donnerstag, 26.09.: Prishtina - Tirana
Nach einem Marsch durch die Stadt
bei mittäglicher Hitze war auch die Herberge gefunden. Ein Hostel mit grünem
Garten und allerlei heimelichen Ecken – eine Oase der Ruhe, der Garten Eden
(Hostel Albania)! Bis zum Spiel am Abend
blieb nun noch reichlich Zeit. Aufgrund der klimatischen Bedingungen begrenzten
wir die Erkundung der Stadt auf das Nötigste und widmeten uns in schattigen
Flecken den einheimischen Brau- und Grillspezialitäten. Als die Zeit reif war,
machten wir uns auf den Weg zum Nationalstadion.
Albanien - Niederlande, WM-Qualifikation 2015 Frauen

Freitag, 27.09.: Tirana - Durrës
Samstag, 28.09. Durrës - Elbasan
Bis ich mitten in der Nacht
schweißgebadet aufwachte und das dringende Bedürfnis verspürte, die Toilette
aufsuchen. Binnen kürzester Zeit war mein Darm komplett entleert. Jeglicher
Nahrungsaufnahme folgte die sofortige Abgabe. Nicht wirklich angenehm. An
erholsamen Schlaf war nicht mehr zu denken. Entsprechend müde und ausgelaugt
fühlte ich mich am Morgen. Leichte Zweifel ob meiner Transportfähigkeit machten
sich breit. Aber letztlich musste es ja weitergehen: die Weiterreise nach
Elbasan und der nächste Spielbesuch standen auf dem Plan. Und da mein Körper ja
nichts mehr abzugeben hatte, war ich recht optimistisch die dreistündige
Busfahrt ohne Zwischenfälle zu überstehen. So kam es dann auch. Und es wäre
echt schade gewesen, hätten wir diese planungstechnische, logistische
Meisterleistung verpasst: Busankunft auf dem Stadionvorplatz, wenige Minuten
Fußweg zur via Couchsurfing von Marco organisierten Herberge und Abfahrtspunkt
am nächsten Tag ebenfalls am Stadion.
Vom Stadtbummel, einem
Mittagstisch voller Landes-Kochkunst im idyllischen Lokal, Eis essen und Bier
trinken im Park hatte ich nicht wirklich viel, da ich meinen entschlackten
Körper nur langsam wieder hochfahren wollte. Cola und Bananen schienen vorerst zu
helfen.
KS Elbasani – KS Burreli, Kategoria e Parë
Während der Rest den Abend normal
verbrachte, setzte ich alles auf die Karte „Gesundheit durch Schlaf“, unterstützt
durch Anti-Durchfall-Pillen eines weiteren amerikanischen Couchsurfers.
Sonntag, 29.09.: Elbasan - Korçë
KF Skënderbeu Korça - KS Lushnja, Kategoria Superiore
Im modernsten Stadion Albaniens
gönnten wir uns die teuersten Karten (500 Lek). Dabei war der Kauf echt eine
Herausforderung für mich und meine Geduld. Stand ich eigentlich schon in der
ersten Reihe vor dem Kartenhäuschen, schaffte es immer wieder ein
Einheimischer, vor mir einen Geldschein durch die Luke zu halten und eine Karte
zu bekommen. Man steht wohl nicht so gerne in der Schlange… Nachdem der leichte
Ärger verflogen war, ging es weiter zum Grillstand gegenüber. Für 50 Lek gab es
dort Köfte – ich war zurück im Leben! Auch das Spiel sorgte für weitere
Verbesserung meines Gemütszustandes: eine Schnipsel-Choreo auf der Heimseite und
eine Pyro-Einlage durch die Gäste, die einen 2-0 für die Gastgeber vor 1800 Zuschauern umrahmten. Mit einem Feierabend-/Genesungs-Bier der lokalen
Marke „Birra Korça“ im Hotel wurde der Tag erfolgreich abgeschlossen.
Montag, 30.09. Korçë – (Pogradec
– Ljubanishta – Ohrid –) Skopje
Nun lagen 3 fußballfreie Tage vor
uns. Einzige Aufgabe war es, die gut 450 km nach Sofia, quer durch Mazedonien,
irgendwie zu bewältigen. So richtig klar war nichts. Aber das machte es ja
interessant.
Dienstag, 1.10.: Skopje-Sofia
Mit dem Bus ging es unspektakulär
in 5 Stunden (etwas mehr als 200 km) durch die Berge nach Sofia, inklusive 1
Stunde Grenzgewese. Wiedermal hatte Tom mit seinem Smartphone eine günstige,
zentral gelegene Herberge im Internet gefunden (Hotel Alabin) – 1A!
Mittwoch, 2.10.: Sofia
Donnerstag, 3.10.: Sofia
Der Tageshöhepunkt und
eigentliche Sinn des Tages war erst für 22.05 Uhr angesetzt. Wir hatten also
viel zu viel Zeit und keine Pläne. Zum Glück empfingen wir aber einen deutschen
TV-Sender: RTL. Top-Unterhaltung, wenn man das Gehirn mal ausschalten möchte.
Zum Mittagessen verschlug es uns in ein größeres Restaurant (Happy Bar &
Grill), das uns schon am Vortag aufgefallen war – durch die knappe Bekleidung
der Kellnerinnen. Und wirklich bediente eine Augenweite nach der anderen die
Gäste. Da war es zu verschmerzen, dass das Essen nur durchschnittlich lecker
war. Das Auge musste also fleißig mitessen.
PFC Ludogorets Razgrad – NK Dinamo
Zagreb, Europa League

Freitag, 4.10.: Sofia
Lewski Sofia - Lokomotive Sofia, A Grupa
Samstag, 5.10.: Sofia – Skopje
Der letzte Tag in Sofia hielt ein
weiteres Stadtderby und die anschließende Rückreise nach Skopje bereit. Also ging
es nach dem Check-out im Hotel zum Bahnhof, um die Rucksäcke bei der
Gepäckaufbewahrung abzugeben (2 Lewa/24h). Auf dem Bahnhofsvorplatz genossen
wir die Sonne bei Bier und Mau-Mau, ehe es mit der Straßenbahn in den Südwesten
der Stadt ging (1 Lewa/Fahrt).
Slawija Sofia - ZSKA Sofia, A Grupa
Nach dem Abpfiff ging es
schnurstracks zur nächstgelegenen Straßenbahn-Haltestelle und ab zum Bahnhof,
wo die letzten Lewa erfolgreich gegen Nahrungsmittel eingetauscht werden konnten.
Abermals sollte uns ein Bus nach Skopje bringen. Im Endeffekt gab es keine
Unterschiede zur Hinfahrt, außer dass es draußen dunkel war und an der Grenze
die Taschen ausgepackt werden durften. Gegen Mitternacht kamen wir in Skopje an
und waren ob der Menschenmassen in der Stadt um die Uhrzeit etwas überrascht.
Überall Remmidemmi. Wie sich herausstellte, feierte Skopje die „Бела Ноќ“
(Weiße Nacht). Heißt also Feiern bis zum nächsten Morgen. Aufgrund von
Müdigkeit und Desinteresse suchten wir aber unsere Herberge auf (Hotel Laki). Unglücklicherweise
befand sich unser Zimmer genau über einer Karaoke-Bar. Glücklicherweise waren
wir aber so müde, dass uns das Gejaule nicht vom Schlafen abhalten konnte.
Sonntag, 6.10.: Skopje/Tetovo
Voller Tatendrang nahmen wir den
Tag in Angriff, schließlich wollten wir noch irgendwo in Mazedonien ein Spiel
sehen. Nachdem endlich ein geöffneter Kiosk gefunden war (die Stadt schien nach
der nächtlichen Feierei noch im Dornröschenschlaf), versorgte uns eine Sportzeitung
mit den möglichen Spielen, Anstoßzeiten und Spielorten. Ein Abgleich mit den
Abfahrtszeiten am Busbahnhof sorgte dafür, dass wir uns für ein Erstliga-Spiel
in Tetovo entschieden. Keine Stunde Fahrt später waren wir bereits am Ziel und
hatten mal wieder viel Zeit. Zeit, zum spazieren und essen. Das übliche halt.
KF Shkëndija - FK Euromilk Gorno Lisiče, Prva Liga
Zurück in Skopje feierten wir die
Wiedervereinigung mit Marco, zünftig mit Bier und Rakija in einer
Altstadt-Kneipe (Kaldrma Rakija Bar). Auf dem Heimweg musste auch noch einer
Eckkneipe ein Besuch abgestattet werden. Es galt den Geschmack des mir bereits
aus Belgrad bekannten Pelinkovac erneut zu ergründen…
Montag, 7.10.: Skopje
Dienstag, 8.10.: Skopje - Erfurt
Für 1000 Denari (16€) brachte uns
ein Taxi zum Flughafen und später ein WizzAir-Flieger nach Dortmund. Für 3€
gönnten wir uns den Shuttle-Bus nach Holzwickede – auf Wunsch eines einzelnen
Herrn. Ja, ich gebe zu, die 2 km hätte man in Nachhinein auch locker laufen
können. Mit reichlich Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges im Gepäck, machten wir
uns auf die Suche nach einem Imbiss. Der örtliche Chinese schien dafür
prädestiniert, hatte aber Ruhetag – am Dienstag!? Schließlich musste ein Grieche
herhalten. Gut gestärkt ging es letztlich auf die letzte Etappe der Reise, mit
Regionalzügen über Soest, Paderborn, Ottbergen und Göttingen nach Erfurt. Und
das ohne Verspätung! Ein würdiger Abschluss!
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