Samstag, 31. Dezember 2011

Fritten zum Fest

Dass ich meine Freizeit am liebsten an irgendwelchen Sportplätzen verbringe, dürfte ja mittlerweile bekannt sein. So verwundert es wohl nicht, dass das diesjährige Weihnachtsfest auf zwei Tage verkürzt wurde, um am 2. Weihnachtsfeiertag im Mondschein den Länderpunkt Belgien in Angriff zu nehmen.
Zu viert ging es im Reisemobil über verwaiste Autobahnen gen Westen.
Gegen Mittag war das erste Tagesziel erreicht: die Herberge in Gent - ein "Formule 1"-Hotel im "malerischen" Hafenviertel. Angenehm gammelig die Gegend.
Schnell die Taschen abgelegt, die Toiletten ("aus einem Guss") getestet und weiter ging die Fahrt nach Brugge.
Dank des kulturellen Sinns unseres Navigationsgerätes bekamen wir eine kleine Stadtrundfahrt durch Gent. Vom Baustil her recht Englisch, Müll auf den Strassen, grauer Himmel - kurz um eine Gegend zum Wohlfühlen.

26.12. (15.00) Club Brugge KV - SV Zulte Waregem, Jupiler League
In Brugge angekommen, erwartete uns im Stadionumfeld ein Viertel aus schnieken Einfamilienhäusern. Wirkte auch Englisch, aber spießig. Aber immerhin gab es in der Nähe eine geöffnete Kaufhalle. So konnten wir geschlossen unseren Dosenbier-Fetisch ausleben.
Vor dem Stadion mittagten wir dann noch an einem Burger-Wagen und nachdem die gebuchten Karten abgeholt waren, konnte das Stadion geentert werden.
Das Jan Breydelstadion beherbergt zwei Klubs: Club Brugge KV und Cercle Brugge KSV. Deshalb gibt es jeweils eine Vereinskneipe und einen Fanshop. Außerdem ist jeweils eine Hintertortribüne in den Klubfarben gehalten.
Ansonsten machte das Stadion schon einen recht angegammelten Eindruck - sehr sympathisch.
In Sachen Verpflegung gab es leider keine übermäßigen Geschmackserlebnisse. Die für Belgien typischen Fritten waren 0815-Ware und der Bier-Test blieb mir als Tages-Fahrer zunächst verwährt (0,25l Jupiler gab es für 2 Euronen).
Für Aufsehen sorgte ein Stand mit Trockenfisch, den man schon aus einigen Metern roch. Mangels Hunger blieb ich diesem jedoch fern.
Nun zum Spiel. Vor dem Einlauf wurde über die Lautsprecher ein wahres Techno-Feuerwerk gestartet. Mal was anderes, aber was hat das mit Fussball zu tun?!?
Akustisch sollte das dann auch der Höhepunkt des Spiels gewesen sein, trotz einem fast ausverkauftem Haus.
Spielerisch gab es auch nichts zu bestaunen. Und so galt unser Hauptaugenmerk der Müdigkeitsbekämpfung, denn so langsam machte sich das frühe Aufstehen bemerkbar.
Nach dem Abpfiff wartete schon die Weiterreise auf uns. Es ging zurück nach Gent.

26.12. (20.30) KAA Gent - KVC Westerlo, Jupiler League
Ähnlich schnell, wie in Brugge, war ein Parkplatz in Stadionnähe gefunden. Vor dem Spiel wollten aber erstmal wieder die Gaumen verwöhnt werden.
Mangels Verständnis belgischer Speisekarten endete die Suche nach der perfekten Örtlichkeit dann beim Asiaten.
Dort gab es zumindest einen broken-Englisch-sprechenden Koch. Aber selbst so kam es zu einer leichten Irritation, für die ein Mitreisender etwas tiefer in die Tasche greifen musste (Hauptsache es schmeckt!).
Mit vollen Bäuchen machten wir uns anschließend auf den Weg zum Stadion.
Das Jules Ottenstadion liegt mitten in einem Wohngebiet, wie man es aus England kennt. Und gegenüber dem Eingang der Heimanhänger gibt es gar eine Kneipe. Das Stadion selbst besteht aus fast monströs wirkenden, zweirangigen Tribünen an den Längsseiten und kleineren Stahlrohrtribünen auf den Hintertorseiten.
Zum Leid aller Fussballromantiker ist die jetzige Saison die letzte, ehe das Stadion platt gemacht und das Areal mit Wohnhäusern bebaut wird. Als Ersatz entsteht momentan ein Neubau am Stadtrand und Autobahnkreuz. Wirklich traurig. Umso schöner, das Stadion nochmal zu besuchen.
Die Karten für das Spiel hatten wir auch im Voraus bestellt und mussten sie nun noch abholen. Die Dame am Kartenschalter hatte aber keine Eile. Erstmal einen Cappucino mit Sahne und Schokostreuseln geholt, dazu ein Stück Kuchen. Richtig so. In dieser hektischen Welt muss man sich auch mal besinnen. Und wenn nicht an Weihnachten, wann dann.
Ins Stadion eingetreten, erwarteten uns schon gemütliche Trinkhallen im Tribünenunterbau. Sehr einladend, aber leider Gottes konnte ich mich dem Biergenuss weiter nicht hingeben. Hauptsache den Mitfahrern hat es gemundet!
Vor dem Anpfiff tauchten etliche um das Spielfeld verteilte Bengalen das Stadion in leuchtendes Rot. Herrlich!
Inwieweit dieses offzielle Abbrennen von Pyrotechnik jetzt von Fangruppen oder vom Verein organisiert wurde, sei mal egal. Sah einfach gut aus!
Auch in Sachen akustischer Unterstützung boten beide Fangruppen mehr als in Brugge. Und sogar das Spielniveau war besser. Also eine komplette Steigerung!
Mit dem Schlusspfiff hatten wir unser Tagessoll erfüllt. Nun begann das Erholungsprogramm.
Für den Besuch einer Kneipe im Hafenviertel reichte die Kraft dann aber doch nicht mehr.Stattdessen verwöhnte das ein oder andere Dosenbier den Körper im Hotelzimmer beim Schauen der belgischen Sportschau.

Am nächsten Morgen, oder eher Mittag, galt es die Taschen wieder zu packen und das Quartier zu wechseln.
Vor der Fahrt musste aber erstmal gefrühstückt werden. Diesem Bedürfnis wurde das umfangreiche Angebot eines türkischen Imbisses gerecht.
Frisch gestärkt ging es weiter nach Charleroi. Dort erwartete uns wiederum ein Formule 1-Hotel. Wieder super gelegen, neben Tankstelle und Autobahn (und Flughafen...).
Ohne groß Zeit zu verschwenden, fuhren wir weiter nach Mons.
Am frühen Nachmittag angekommen, hatten wir noch ein paar Stunden bis zum abendlichen Spiel.
Genügend Zeit also, schon mal das örtliche Stadion zu inspizieren. Unsere Erkundungstour schien auch niemanden zu stören - prima.
Das Stade Charles Tondreau besteht zur Hälfte aus einem Neubau (Haupttribüne und eine Hintertortribüne). Die andere Hälte bilden eine (wohl wegen Baufälligeit) gesperrte Gegenrade und eine Oldschool-Stehplatz-Hintertortribüne. Sehr beeindruckend, diese Gegensätze. Langweiliger Neubau vs. gammeliger Altbau.
Nachdem der Stadionrunde rief uns unser kulturelles Gewissen. Auf in die Innenstadt, zur Kirche, zu Denkmälern....
Auf dem Hautplatz erwartete uns ein Weihnachtsmarkt. Wie spannend. Anstatt von Schnee hat man an manchen Ecken Sand verstreut. Toll.
Schnell ein Bild von der Kirche und vom Rathaus gemacht und weiter gehts.
Da knurrte auch schon wieder der Magen. Bei einem Inder wurde der Hunger behandelt. Dazu ein Bier. So lässt es sich leben.
Bis zum Spiel blieb immer noch ausreichend Zeit, um auch mal eine belgische Lokalität zu besuchen.
Die auserwähte Kneipe wusste durch ihr Ambiente zunächst zu gefallen. Der nur Franzözisch sprechende Kellner sorgte dann mit einem recht plumben Abzockversuch führ eine kurzzeitige Stimmungsschwankung.
Dank des Bieres verflog aller Unmut aber schnell. Zudem genossen wir ein paar Schlücke belgischer Kultur: flambiertes Bier. Das ganze sieht dann so ähnlich aus:  VIDEO. [Versteht das bitte aber nicht als Werbung für diesen Schuppen.]
Als es draußen dunkel war, wurde es für uns Zeit zu gehen, schließlich mussten wir noch die reservierten Karten abholen.

27.12. (20.00) RAEC Mons - RSC Anderlecht, Jupiler League
Das klappte auch problemlos, so dass wir noch die Atmosphäre vor dem Stadion an den Bierständen geniessen konnten. Als absolutes, kulinarisches Highlight der Fahrt stellte sich die Grillwurst heraus. Richtig gut würzig, im halben Baguette gebettet. Lecker.
Dann galt es noch eine übrige Karte zu verschleudern. So ganz ohne Franzözisch-Kenntnisse und in einem noch recht fremden Land gar nicht so einfach. Irgendwie hat es dann doch geklappt. Angetrunken spricht man ja eh alle Weltsprachen fließend.
Unsere Karten platzierten uns auf der kultigen Stehplatztribüne. Kostenpunkt 20 Euronen. Von wegen "Kein Zwanni fürn Steher". Naja, im Urlaub spielt Geld ja keine Rolle.
Als Entschädigung gab es kostenlose, alkoholfreie Heißgetränke. Das Bier schmeckte dann aber doch besser.
Das Geschehen auf dem arg ramponierten Spielfeld war einigermaßen spannend. So verging der Abend wie im Flug.
Zurück in Charleroi wurde in einem Nachbarort noch ein Mitternachtssnack eingenommen und wenig später die Hotelbetten geentert. Die Heimfahrt am nächsten Tag verlief ohne Zwischenfälle,aber mit reichlich Dosenbier im Kofferraum.

Fazit: Belgien ist wie England ohne Engländer: irgendwo zwischen einem alkoholfreien Bier und einer Bratwurst ohne Senf.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hmm, nicht deine spannendste Geschichte Maeuschen. Nur der FCC!

Nils

Markus hat gesagt…

Das Leben ist halt nicht immer kunterbunt. Das dürfte dir als Zeisser ja bekannt sein ;)