Dienstag, 8. März 2011

Olle Kamellen

Manchmal kommt man an Orte und denkt „Hier muss ich noch mal hin“. So geschehen im März 2007, als ich auf der Durchreise die Fussballstadien in Freiburg und Strasbourg besuchte. Nun, fast genau 4 Jahre später, war es endlich soweit.
Das Auswärtsspiel von Rot-Weiss am Freitagabend in Offenbach bescherte mal wieder ein freies Wochenende und ein Bahnticket hatte ich auch noch in der Reserve. Am Samstagmorgen galt es also nach einer recht kurzen Nacht den Rucksack zu packen und auf Reise zu gehen. Die erste Etappe im Zug über Fulda und Offenburg nach Kehl verlief, wie fast schon gewohnt, ohne Komplikationen. Unterhaltung gab es unterwegs durch die Massen von Menschen, die sich mit allerhand Koffern und Skiern auf der Suche nach ihren reservierten Plätzen durch die Züge zwängten. Grund für die Völkerwanderung waren wohl die Faschingsferien – was es im Westen alles gibt. Für Empörung beim Rest der bürgerlichen Zugbesatzung sorgte eine Gruppe Fussballfans. Wirklich schlimm, „diese Idioten“ … Und sehr unterhaltsam, diese Bürgerlichen. 
Kehl empfing mich zur Mittagszeit nach dem höchsten Touristen-Protokoll: blauer Himmel und Sonnenschein. Das Rheinufer drängte sich somit als Rastplatz regelrecht auf. Sehr schön anzusehen. Auch der Blick auf das nur eine Flussbreite entfernte Frankreich. Zur Perfektion hat eigentlich nur ein Grill gefehlt. Dennoch gut gestärkt, führte mich mein Weg die Uferpromenade entlang zum örtlichen Stadion. Der Name Rheinstadion sehr passend. Eintritt zum Spiel der Oberliga Baden-Württemberg Kehler FV vs. ASV Durlach gab es für 4€, das Programm gar kostenlos. Der ältere Herr im Kartenhäuschen verhielt sich zwar wenig gastfreundlich, aber was solls. Das Spiel verlief dann relativ ereignislos und endete 0-0. Es sorgte aber für eine erste Einstimmung auf die Sprachgewohnheiten der Menschen im Südwesten des Landes. Das lokale Fleischereiwesen wurde natürlich auch getestet: die „weiße“ Wurst gab es für 2€. Zu Überzeugen wusste vor allem die scharfe Sauce. Natürlich hatte ich einen Löffel zu viel genommen. Aber bezahlt ist bezahlt. 



 Nach Spielende ging es wieder zum Bahnhof und in den Zug Richtung Strasbourg. Über den Rhein und schon war meine Zielstation erreicht. Keine 10 Minuten Fahrt. Und keine 5 Minuten später stand ich schon an der Stadionkasse des Stade de la Meinau. Kurze Wege – so lieb ich das. Der Racing Club de Strasbourg spielt mittlerweile nur noch drittklassig und empfing heute den FC Gueugnon. Der Ticketkauf auf Französisch verlief im Vergleich zu Sion problemlos. (Es ist also ein Lernfortschritt zu erkennen.)  Kostenpunkt 8,50€, für einen ermäßigten Sitzplatz auf der Haupttribüne. Kurz darauf begann schon das Spiel, das die Gastgeber nach Rückstand und Pfiffen zur Halbzeit letztendlich mit 2-1 für sich entschieden. (Da half auch die Monster-Konfetti-Choreo der fünf Gästehänger nicht.) Zur Feier des Tages dröhnte dazu DJ Ötzi durchs Stadion. Toll. Drumherum gab es wie so oft einige Besonderheiten zu beobachten: Toilettentechnisch gibt es keine Trennung zwischen Mann und Frau, alle sitzen auf der gleichen Schüssel. Das nenne ich mal Gleichberechtigung. Zwischen Spielfeld und Tribüne gibt es einen Sicherheitsgraben. Fällt ein Ball hinein, kommt ein Ordner und „fischt“ ihn mit einem Kescher heraus. In Sachen Verpflegung gibt es separate Kassen. Das heißt man bezahlt an der Kasse, bekommt einen Bon und geht mit diesem an den Essens- bzw. Getränkestand. Ganz gute Idee. So können sich bspw. die Grillmeister voll und ganz auf die Zubereitung der Wurst konzentrieren. Mein persönliches Ratespiel an der „Speisekarte“ war ein voller Erfolg. Zunächst ohne Plan, was ein oder eine „Merguez“ ist, stellte es sich als vier überaus leckere Würstchen im frischen Baguette heraus. Damit haben die Franzosen ihren Ruf als Feinschmecker mir gegenüber klar bestätigt. Nach Spielschluss war dann auch mein Besuch im Nachbarland beendet. Mit dem Zug ging es über Offenburg nach Freiburg, wo ich gegen Mitternacht erschöpft und müde in mein Hostelbett fiel. 
Die Nacht war dann am Sonntagmorgen schon wieder viel zu früh beendet. Irgendwie hatte ich die Zeitumstellung im Kopf und hatte Angst, den nächsten Anstoss zu verpassen. Die Unruhe stellte sich aber ziemlich bald als unnötig heraus. Munter war ich trotzdem. Also die Sachen gepackt und raus an die frische Luft. Fast schon zu frisch an diesem Tag, vor allem so ohne Sonne. Das erste Tagesziel war der Bahnhof, um die Aufbewahrung meines Rucksackes sicherzustellen. Für gewaltige 4€ landete mein Hab und Gut in einem vollautomatischen Gepäckaufbewahrungsautomat. Tolle Technik. Nach einem kleinen Frühstück ging es auf Wanderschaft quer durch Freiburg, durch die Altstadt und Schnellstrassen entlang, endete mein Weg im Wald. Genauer gesagt am Möslestadion, früher Heimat des Freiburger FC, heute Nachwuchszentrum des SC Freiburg.  Am Kassenhäuschen die erste kleine Enttäuschung: ich „durfte“ keinen Eintritt zahlen. Heißt aber auch: keine Eintrittskarte fürs Sammelalbum. Der zweite herbe Schlag folgte gleich darauf: das Spiel fand nicht auf dem Hauptplatz statt, sondern auf Kunstrasen hinter der Haupttribüne. Nein! Da muss ich wohl noch ein 3.Mal wieder kommen. Einen Lichtblick gab es aber kurz danach: eine saubere Toilette mit ausreichend Klopapier, dazu Seife im dafür vorgesehenen Spender und Handtrockentücher. Gibt es nicht in jedem Stadion! Das Auftaktspiel des Tages der B-Junioren Oberliga Baden-Württemberg SC Freiburg II vs. TuS Ergenzingen endete vor handgezählten 75 Zuschauern 4-0. Ziemlich unterhaltsam, vor allem nach den Enttäuschungen zu Beginn. Eine Kuriosität am Rande: der Großsponsor der Liga, mit eigenem Mobil, Musikanlage und Torwand vor Ort, verteilte Tröten, die die Kinder dann aber während des Spiels nicht nutzen durften. Einerseits schön für die eigenen Ohren, andererseits leicht schizophren in Sachen „Familiensport“ Fussball.  
Nach dem Spiel ist ja bekanntlich vor dem Spiel und so ging es weiter auf meiner Wanderung durchs Dreisamtal zum Dreisamstadion. Dort wartete das Bundesligaspiel SC Freiburg vs. Werder Bremen auf meinen Besuch. Am Einlass wurden weder ich, noch mein Beutel kontrolliert. Sehr freundlich. Die Stadionwurst war wenig besonders. Immerhin hat sie satt gemacht. Das Spiel endete dann mit einem 3-1 Sieg für die Gäste, übrigens vor ausverkauftem Haus. Stimmungstechnisch war wenig los. Einzige Kuriosität: ein Blasorchester, dass vor dem Anpfiff „Basket case“ von Green Day intonierte. Die üblichen Karnevalskracher gab es trotzdem noch in der Halbzeit. Eine Flucht vor dem ganzen „Gute Laune“-Kram ist wohl nur schwer möglich. Mit Abpfiff war auch meine Reise fussballerisch beendet. Den Weg zurück zum Bahnhof legte ich dann mit der Straßenbahn zurück. Ist ja doch bequemer als eine Stunde zu laufen. Und zu meiner Überraschung erwischte ich so noch einen verspäteten Zug nach Frankfurt und dort gar einen früheren Anschluss nach Erfurt als geplant. Aus Dankbarkeit der Bahn gegenüber investierte ich dann meine letzten Münzen im improvisierten Bordbistro. 
Ein Hoch auf die Eisenbahn!

1 Kommentar:

Kevin hat gesagt…

Mann, echt geile Ecke da unten und bei dem Foto mit den 4 Würsten in dem wahrscheinlich ofenfrischen Baguette ist mir auch gleich was zusammengelaufen.
Mir scheint als ob sich Frankreich gut mit Essen und Fussball schauen verbinden lässt. Mich würde es interessieren ob es im Süden Frankreichs weitere Offenbarungen geben wird, bezüglich der Fanverpflegung im Stadion.
Vielleicht mal eine Idee für einen kommenden Trip.