Freitag, 7. Dezember 2012

Insel-Fußball

Nun also doch ein kleiner Erlebnisbericht zum Ausflug auf die Britischen Inseln. 


26.10.2012 Erfurt-Dublin 
Wie fast jede Reise beginnt auch diese am frühen Morgen, fast noch Nacht. Aber zum Glück gibts im IC nach Berlin ein Abteil für uns allein. So fällt das erneute Einschlafen nicht allzu schwer. Am Südkreuz angekommen, erwärmt die Tanzperformance einer jungen Frau unsere Herzen. Unglaublich emotional und mitreisend. So was gibt es nur in einer Großstadt: auf dem Weg zur Schule den Rucksack abgelegt, die mobile Musikmaschine ausgepackt und ab gehts. Unsere Reise steht unmittelbar vor dem Abbruch, noch ehe sie richtig begonnen hat - ich glaube, meine Reisebegleiter hat sein Herz fast verschenkt. 
Wir können unsere Blicke dann aber doch losreisen und die S-Bahn nach Schönefeld besteigen. Nach dem üblichen Rumgammeln am Flughafen geht gegen Mittag unser Flieger nach Dublin - landestypisch irisch mit AerLingus. Angenehme Sache. 
In Dublin geht es zuerst in das zentral gelegene Hostel, um die Rücken von den lästigen Kleiderpaketen zu befreien. Bis zum abendlichen Highlight ist noch ausreichend Zeit für eine kleine Runde durch die Stadt, natürlich inklusive Speisen und Getränken. Wie durch Zufall landen wir dazu in einer tschechischen Lokalität. Wenn mal halt schon mal in Irland ist. Auch wenn bei der Umrechnung von Kronen in Pfund wohl etwas falsch gelaufen ist... 
Bohemians FC vs. Drogheda United FC 
Später ist die Zeit dann reif, den Weg zum Dalymount Park in Angriff zu nehmen. Was für ein herrliches Stadion: riesige Flutlichmasten aus Stahl, teils gammelige und bereits gesperrte Tribünenteile. Charme ohne Ende! Dazu ein gemütliches Klub-Pub in der Haupttribüne. Die sportliche Darbietung ist dann eher weniger erinnerungswürdig. Einzig das Maskottchen ohne Hose habe ich noch vor Augen. Nach dem Spiel lockt uns die Aussicht auf eine heiße Dusche und bequeme Betten direkt ins Hostel. Man muss seinen Körper ja schonen.  

27.10. Dublin-Belfast-Dublin Airport 
Zum ersten Urlaubsmorgen erwartet uns ein für Hostelverhältnisse unglaublich reichhaltiges Frühstück. U.a. ein riesiger Korb voller gekochter Eier!!! Besser kann man eine Tagesgrundlage nicht schaffen. Unser Reiseplan führt uns heute nach Belfast. Per Bus geht es vorbei an grünen Wiesen und Schafsherden in die nordirische Hauptstadt. Ohne groß geplantes Kulturprogramm schlendern wir bei blauem Himmel und Sonnenschein durch die Gassen der Stadt. Man hat den Eindruck in einer stinknormalen Stadt zu sein. Nichts zu sehen vom Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken im Stadtzentrum. Dass es in den Wohnvierteln anders abgeht, ist ja bekannt. 
Crusaders FC vs. Coleraine Town FC 
Das Seaview Stadium liegt im nördlichen Teil der Stadt. Und tatsächlich kann man von der Haupttribüne aus den Hafen sehen. Der erste positive Eindruck wird durch eine persönliche Begrüßung eines Klub-Offiziellen bestätigt. Very nice. Auch das Spiel weiß schlußendlich Dank einer äußerst kniffligen (aber letztlich richtigen) Schiedsrichter-Entscheidung zu unterhalten. 
Belfast Giants vs. Sheffield Steelers 
Zur Zeitüberbrückung und aus allgemeinem Interesse wird anschließend dem örtlichen Eishockey-Klub ein Besuch abgestattet. Was soll ich heute noch dazu schreiben? Top-Entertainment! Ein He-Man-Double als Maskottchen, Cheerleader, Disco-Musik, ein Halbzeit-Quiz, KEIN Bierverbot auf den Tribünen (beim Fussball unmöglich) und kostenlos Kekse/Pizza für die glücklichen Fänger. Letzteres wurde jeweils durch den frenetischen Hallensprecher angekündigt: "It´s cookie-time!"/"It´s Pizza-time!". Wenn nur dieses nervige Spiel auf dem Eis nicht gewesen wäre... Nach diesen schönen Erlebnissen ging es für uns zurück zum Dublin Airport, wo wir für eine kostenneutrale Übernachtung eine Sitzgruppe mit Tisch "gebucht" hatten.  

28.10. Dublin Airport-Edinburgh-Lockerbie-Dumfries 
Leicht müde bringt uns der RyanAir-Vogel von der einen Insel auf die andere. In Edinburgh erwartet uns das typische britische Wetter: kalt, feucht und grau. Die Aufenthaltszeit in der schottischen Hauptstadt ist glücklicherweise nur begrenzt. Wenig später geht es mit dem Zug weiter Richtung Süden. Aber das Wetter wird auch nicht besser. So gehts im Regen durch Lockerbie, auf der Suche nach dem Denkmal für den Anschlag im Jahre 1988 - scheiss Sensationstourismus. Fündig werden wir nicht. Aber jetzt kennen wir zumindest die Hauptstraße ortsauswärts und einige Bushaltestellen. Mit dem Linienbus bewältigen wir die letzte Tagesetappe nach Dumfries. Die gebuchte Herberge ist eine gelungene Kombination aus Pub und Hotel. Günstige Preise für Bier und Speisen. Wunderbar. Ein gemachtes Nest für hungrige/durstige Fussball-Wandervögel, wie uns. Unterbrechen müssen wir unseren Aufenthalt im "Wohnzimmer" nur für den Spielbesuch beim örtlichen Fussballklub.
Queen of the South FC vs. East Fife FC 
Der nennt sich Queen of the South und kann stolz von sich behaupten, der einzige Klub der Welt zu sein, der in der Bibel erwähnt wird (s. Wikipedia). Genauso kultig wie der Name ist die Spielstätte des Klubs: eine Bilderbuch-Hintertortribüne aus alten Tagen inkl. Uhr an der Dachfront und abermals 4 wuchtige Flutlichtmasten. Hinsichtlich der Essensversorgung ist der Steak-Pie ("Gulasch im Teig") sehr zu empfehlen. Somit ein rundum gelungener Besuch. Dass das Spielniveau der 3. Schottischen Liga nicht allzu hoch ist, kann man sich ja denken. 
Generell hervorheben möchte ich noch die Supermarktkette "Iceland". Dort gibt es Fertig-Tiefkühlessen und süße Limonaden zu kleinen, runden Preisen (z.B. 3 Kilo Lasagne für 3 Pfund). 

29.10. Dumfries-Carlisle-Manchester-Sheffield 
Der Montag beginnt mit der Suche nach Postkarten für die Heimat. Gar nicht so einfach, letztlich werden wir aber doch noch fündig. Da die Stadt selbst nicht viel her gibt, ist die Sucherei ein schöner Zeitvertreib bis zur Weiterfahrt nach England; natürlich per Zug. Für vertretbare Preise im übrigen. Man muss nur wissen, dass es oft günstiger ist, Fahrkarten für die einzelnen Teilabschnitte zu kaufen, anstatt einer für die Gesamtstrecke. 
In Sheffield angekommen, steuern wir direkt unsere nächste Herberge an - in Guckweite des Stadions für das Abendspiel. Prima Reiseplanung! Im Hotel empfängt uns eine reizende Dame. Ebenso nett ist das Zimmer. Ich habe noch nie in einem so komfortablen Bett gelegen. Und im Bad gibt es sogar Heizstangen, um die Handtücher vorzuwärmen. Luxus pur für insgesamt nur 29 Pfund. (Der Name der Hotelkette: Premier Inn.) Nach einem Spaziergang durch das abendliche Städtchen ist die Zeit schon wieder reif für den nächsten Spielbesuch. Das 4.Spiel am 4.Tag im 4.Land. 
Sheffield United FC vs. Portsmouth FC 
Zum Drittliga-Spiel fällt mir ehrlich gesagt nicht mehr viel ein: keine Stimmung, Bierverbot auf den Tribünen, eine Tanzeinlage der lokalen Cheerleader und ein Gedichtvortrag einer älteren Dame. 
Um den Luxus unseres Hotel ausgiebig zu nutzen, gehen wir direkt nach Spielschluss gen Heija. Ein Traum... Als plötzlich mitten in der Nacht der Brandmelder Alarm macht. Erstmal total konfus und erschrocken, dann erheitert über die Action. Also raus aus dem Gebäude. Draußen warten schon etliche andere Hotelgäste. Hat etwas angenehm Gemeinschaftliches, Nachts um 2 auf der Strasse zu stehen und zu schauen, was passiert. Es passiert nicht viel. Keine Feuerwehr, keine hysterischen Menschen, die im 15.Stock aus dem Fenster um Hilfe schreien. Langweilig. Letztlich stellt sich das ganze Theater als Fehlfunktion der Brandmeldeanlage heraus. Prima. Die erholsame Nachtruhe ist damit gegessen, zumal der Brandmelder später noch mehrere Male kurz aufheult. 

30.10. Sheffield-Manchester-Leeds-Manchester 
Zum Tagesbeginn sind wir entsprechend zerknittert. Dem hilft aber das Frühstücks-Bufet ab. Britische Frühstücksleckereien so viel man essen kann. So stärkt man sich für den Tag! ...oder ermüdet sich, wenn man den Zeitpunkt verpasst, das Essen zu beenden, wenn man satt ist. Aber bezahlt ist bezahlt. Die anschließende Stadtbesichtigung ist die reinste Qual. Müde, mit vollem Bauch und Gepäck auf dem Rücken schleppen wir unsere Körper durch Gassen, Kaufhäuser und die örtliche Markthalle, die wirklich kultig ist. Gegen Mittag geht es wieder nach Manchester, wo wir die nächsten 2 Nächte in einer weiteren Filiale von Premier Inn gebucht haben. Das Zimmer noch größer und dieses Mal sogar 2 getrennte Bettdecken...es wird immer besser. Den Nachmittag verbringen wir damit, uns per TV einen Eindruck über die britische Gesellschaft zu verschaffen. In der Talk-Show von Jeremy Kyle sind scheinbar nur Paare zu Gast, wo die Frau schwanger und der Mann ein verantwortungsloser Junkie ist. 1A-Unterhaltung! Wenn nur diese störenden Piep-Töne nicht wären... 
Am Frühabend geht es mit dem Zug von der Nahe gelegenen Victoria Station nach Leeds. Die Stadt hat auf den ersten Blick nichts Besonderes zu bieten. Also machen wir uns auf die Suche nach der Haltestelle für die Shuttlebusse zur Elland Road. Erst unter Mithilfe zweier hübscher, blonder Uniformträgerinnen werden wir fündig. Wenn nichts mehr geht, muss man halt mal über seinen Schatten springen. 
Leeds United FC vs. Southampton FC 
Im Ligapokal-Spiel zwingt der heimische Drittligist den Erstligisten mit einer couragierten Leistung in die Knie. Die Gäste schienen aber nie wirklich willig, im Wettbewerb eine Runde weiter kommen zu wollen. Insgesamt ein unterhaltsames Spiel mit einem Hauch von guter Stimmung durch die Heimseite. Ohne Probleme verläuft die Heimfahrt nach Manchester. Und ebenso die Nacht in der Traumwelt. 

31.10. Manchester/Ashton-under-Lyne 
Nach einem abermals ausführlichen Frühstück geht es zum Shoppen, ehe wir am Nachmittag erneut Jeremy Kyles Lebenshilfe bestaunen. Der Spielplan führt uns am Abend nach Ashton-under-Lyne. 
Ashton United FC vs. FC United of Manchester
Die mitgereisten Anhänger bieten Dauersupport vom feinsten und humorvolle Gesänge - und wir mitten drin. Echt das Beste, was ich bisher in England in Sachen Stimmung erlebt habe. 
Am 31.10. ist ja auch Helloween. Deshalb lassen wir es uns nach der Rückankunft in Manchester nicht nehmen, die entsprechenden Gestalten zu bestaunen. Betrunkene, halbnackte Frauen und ebenso völle Männer - England, wie man es kennt. 

01.11. Manchester-Chester-Bangor 
Das letzte All you can eat-Hotel-Frühstück der Reise verlangt uns nochmal alles ab. Aber so langsam sind unsere Mägen trainiert. Als treue Zugfahrer geht es auf Schienen über Chester ins walisische Bangor. Da am heutigen Tag kein Spielbesuch ansteht, läuft alles etwas entspannter ab. Ehe wir unsere Herberge beziehen können, vertreiben wir uns die Zeit in einem Pub bei Bier, Essen und Karten spielen. Neben uns auffällig viele junge Menschen mit Büchern im Pub. Prima, einen besseren Ort zum Lernen und Hausaufgaben machen kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen...Student müsste man nochmal sein... Nachdem wir schließlich unsere Herberge besetzt haben, machen wir uns auf den Weg ins Abendleben der Stadt. Da scheinen bereits alle Bürgersteige hochgeklappt zu sein. Dazu Regen. Nicht wirklich gastfreundlich. In der örtlichen Schwimmhalle ist es immerhin warm, aber nicht so richtig unterhaltsam. Irgendwann finden wir ein gemütliches Pub. Wenig später wird dieser von immer mehr Studenten geflutet. Als dann auf einmal irgendeine Fahne ausgerollt wird, wollen wir dann doch mal wissen, was hier los ist. Ein Pub-Quiz zum Thema Harry Potter. Na prima. Und tatsächlich raten dann mehrere Gruppen um die Wette: Welche Farbe hatte Harrys Schlüpfer im 3.Teil? Echt ämusant das ganze Gebahren. Und die Leute wussten echt viel. Was es so für Verrückte gibt... 

02.11. Bangor 
Beim Aufwachen wird uns erstmal die exklusive Lage unserer Herberge bewusst - Meerblick. Im Anschluss ein üppiger britischer Frühstücksteller, so muss ein Tag beginnen. Ist die Kultur in den bisherigen Tagen recht kurz gekommen, soll sich das heute ändern. Per Bus und zu Fuß besuchen wir Caernarfon und Beaumaris. Weitere Informationen hält Wikipedia bereit. Absolutes Highlight des Tages ist der frittierte Mars-Riegel. Ein Genuss allerhöchster Güte! Glücklicherweise konnten wir während dieses Ausfluges unsere Taschen in der Herberge lassen, obwohl wir am Morgen hätten auschecken sollen. Schamlos wie wir sind, haben wir uns dann Nachmittags nochmal in die Betten gehauen; die Herbergsmutter war ja nicht da. Irgendwann kommt sie dann doch und ist über unsere Anwesenheit erstaunt; wollen doch in einer Stunde schon die nächsten Gäste das Zimmer beziehen. Also die Sachen gepackt und weg, auf zum Fussball. 
Bangor City FC vs. Newtown FC 
Am Stadion erwartete man uns bereits, zumindest so lange bis sich herausstellt, dass wir nicht zur 20köpfigen Reisegruppe aus Norwegen gehören, die ihren Besuch angekündigt hatte. Dennoch eine sehr familiäre Atmosphäre. Auch wenn das neue Stadion hier nicht mit dem alten an der Farrar Road (an dessen Stelle entsteht gerade eine Kaufhalle) mithalten kann. Bei meinem Besuch an der Farrar Road 2009 spielten übrigens die gleichen Mannschaften - ein netter Zufall. Nach dem Spiel geht es zurück in unser Harry Potter-Pub, wo wir die letzten Stunden auf walisischem Boden mit einem Rommé-Marathon verbringen. 

03.11. Bangor-London 
Des Nächtens besteigen wir den Bus gen Manchester Airport, von wo es nach kurzem Aufenthalt weiter nach London geht. Gegen Mittag fahren wir, noch recht schläfrig, in der Metropole ein. Um den Kreislauf erstmal in Schwung zu bringen, wählen wir das All you can eat-Angebot eines Italieners. Anschließend steht das letzte Insel-Spiel der Tour auf dem Plan. 
Crystal Palace FC vs. Blackburn Rovers FC 
Die Müdigkeit trübt meine Sinne. Nur den Sahne-Cheerleadern kann ich meine 100%ige Aufmerksamkeit schenken. Nach dem Spiel bin ich komischerweise wieder topfit. Keine Ahnung, was das soll. Aber somit können wir die verbliebene Zeit noch für etwas Kultur nutzen: Buckingham Palace, Big Ben und der ganze andere Kram. Gegen Mitternacht bringt uns ein Bus zum Flughafen Gatwick, wo es ein paar Stunden Nachtruhe gibt. 

04.11. London-Brandenburg-Erfurt 
Das erste, was ich an diesem Tag sehe, ist das charmante Lächeln einer Flughafenangestellten, die uns höflich bittet aufzustehen, damit sie ihren Check-in-Schalter öffnen kann. Aber gerne doch... Bei so viel Höflichkeit kann ich sogar auf ein schon zur Gewohnheit gewordenes britisches Frühstück verzichten. EasyJet bringt uns letztendlich wieder gesund und sogar einigermaßen munter nach Hause. Auf der Heimfahrt nach Erfurt findet zufällig noch ein Spiel in Brandenburg/Havel statt. 
Brandenburger SC Süd 05 vs. VSG Altglienicke 
Oberliga-Fussball als krönender Abschluss der Reise, eingeleitet durch Scooters "Endless summer". Das 9.Spiel im 5.Land in 10 Tagen. Viel mehr gibt es nicht zu schreiben. Die finale Verspätung des letzten Zuges ab Halle ist auch geschenkt. War prima, würde ich sagen.

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