Dienstag, 15. Oktober 2013

Reisetagebuch Balkan



Nun war es endlich wieder mal soweit. Nach den bisherigen Kurzreisen in diesem Jahr in größtenteils westeuropäische, geordnete Gefilde sollte es endlich wieder mal in den „wilden“ Osten gehen. Mit den Ländern Kosovo, Albanien, Bulgarien und Mazedonien auf dem Reiseplan waren somit 16 erlebnisreiche Tage sicher. 

Montag, 23.9.: Erfurt - Prishtina
Mit dem Zug ging es zunächst nach München, wo der Oktoberfest-Wahnsinn am Hauptbahnhof schon für einen „herzlichen“ Empfang sorgte. Die S-Bahn brachte mich glücklicherweise weg von dort zum Flughafen. Die Begrüßung durch die 2.Hälfte der Reisegruppe Erfurt war schon wesentlich angenehmer, wenn auch leider ohne Pivo… Dafür wurde die Wartezeit bis zum Abflug mit kostenlosen Heißgetränken und Tageszeitungen versüßt. Prima. Ein Flieger der Adria Airways brachte uns schließlich recht komfortabel nach Prishtina. In der Ankunftshalle fiel unser Blick direkt auf das große Portrait eines bärtigen Mannes in Militärkleidung. Wer mag das wohl sein? Wir wussten es nicht. Erst eine Internetrecherche am Abend sorgte für Aufklärung. Es handelte sich um Adem Jashari, Kämpfer für die Unabhängigkeit des Kosovo, Volksheld und Namenspatron etlicher Gebäude, u.a. auch des Flughafens. Auf Wikipedia gibt es folgendes Zitat zu ihm: „Er mochte es sich zu betrinken, hinauszugehen und Serben zu erschießen.“ Keine weiteren Fragen…
Vom „Adem Jashari-Flughafen“ wollten wir nun einen Bus ins Stadtzentrum Prishtinas nehmen. Nur war von einem solchen oder einer Haltestelle nichts zu sehen. Also folgten wir dem Lockruf eines Taxifahrers, der uns für 15 € direkt zu unserer Herberge (Guest House Velania) brachte. Letztlich eine gute Entscheidung. Wer weiß, ob wir ansonsten dort hingefunden hätten. Bei teils unbeleuchteten Nebenstraßen und nicht vorhandenen Straßenschildern fällt die Orientierung doch etwas schwer. Später fand auch Marco von unterwegs zu uns und komplettierte die Reisegruppe.

Dienstag, 24.9.: Prishtina
Am Dienstag sollte die Reise auch in Sachen Fußball eröffnet werden. Ursprünglich war der Besuch eines Erstligaspiels geplant, da das Internet aber ein Spiel der 1. Kosovarischen Frauenliga im Nationalstadion versprach, entschieden wir uns für einen Verbleib in Prishtina. Somit blieb auch ausreichend Zeit für einen Bummel durch die Stadt: zum Busbahnhof, zum Bill Clinton-Denkmal (Ja, so etwas gibt es. Nein, auf die Darstellung Monica Lewinskys wurde verzichtet.), zum zufällig entdeckten „besten Kebap-Grill-Meister aus Peja“, über die Flaniermeile usw… Leider blieb die Geschäftsstelle des kosovarischen Fußballverbandes unentdeckt, so sie überhaupt existiert ;) Natürlich inspizierten wir auch schon mal das Nationalstadion. Dafür, dass es erst 2005 renoviert wurde, machte es einen arg ramponierten Eindruck. Vielleicht lag es an den Konzerten von 50 Cent und Snoop Dogg in der Vergangenheit… Direkt neben dem Stadion lenkte ein monströses Gebäude unsere Aufmerksamkeit auf sich – der Palast der Jugend und des Sports (Pallati i Rinisë dhe Sporteve). Natürlich prangerte auch an dessen Eingang ein überdimensionales Abbild Adem Jasharis. Wenige Meter weiter entdeckten wir gar ein Plakat, das zwei Basketballspiele am Abend in eben diesem Komplex ankündigte. Toller Zufall!

FCF Prishtina - KF Vizioni Ferizaj, Raiffeisen Superliga Femra
Am Nachmittag rollte dann der Ball. Vor 100Zuschauern entwickelte sich ein wirklich unterhaltsames Spiel, obwohl die meisten Spielerinnen wohl noch im Mädchen-Alter waren. Endstand 3-0. Die Verpflegung war durch die umliegenden Mini-Märkte mit Dosenbier und Sonnenblumenkernen abgesichert. Also alles prima. 

Zur Abendgestaltung hatten wir uns ja Basketball im Jugend-Palast ausgewählt. Da aber nur wenige Zuschauer anwesend waren und der Sport auch nicht unser Favorit ist, waren wir schnell gelangweilt. Es gab nicht mal Cheerleader, von Bier ganz zu schweigen. Also machten wir uns auf, um den Komplex zu erkunden. Neben der Basketball-/Handball-Halle befindet sich noch eine zweite Halle unter dem Dach des Palastes. Diese ist mittlerweile in einen Parkplatz umfunktioniert wurden und war womöglich mal eine Eishalle. Schummriges Licht und der allgemeine Abriss-Zustand des Gebäudes verbreiteten eine dezent gruselige, gleichzeitig aber faszinierende Atmosphäre. Ein perfekter Abenteuer-Spielplatz! Nachdem wir alle Ecken ausgekundschaftet hatten, schauten wir nochmal beim Basketball vorbei – weiterhin nix los, also ab in die Herberge.
Mittwoch, 25.09.: Prishtina/Mitrovicë
Auf dem Wunschzettel stand heute ein Tagesausflug nach Mitrovicë. Die Stadt im Nord-Kosovo ist in einen serbischen und einen albanischen Teil geteilt. Die Grenze bildet dabei der Fluss Ibra, der nur mittels 3 Brücken überquert werden kann. Aufgrund der anhaltenden Spannungen wird die Hauptbrücke noch immer von KFOR-Truppen bewacht. Obwohl für jeglichen Verkehr geöffnet, herrscht dort kaum Verkehr. Als Tourist kommt sich da schon etwas komisch vor, wenn man mal kurz rüber läuft und wieder zurück. Aber natürlich waren wir nicht hier her gekommen, um Brücken zu besichtigen, sondern um dem Fußballsport zu frönen. Nach der Ankunft mussten wir uns erst mal stärken. Das gelang wie gewünscht mit kulinarischen Köstlichkeiten in einem landestypischen Kebap-Restaurant. Auf der Suche nach dem örtlichen Stadion waren wir dann leicht verwirrt. Die Idee, einheimischen Anhängern zu folgen, führte zu nichts, da jeder in eine andere Richtung zu laufen schien. Also musste ein junger Kosovare von einem Werbestand am Marktplatz herhalten, um uns zum Stadion zu führen. Sehr höflich! 

KF Trepça '89 - FC Prishtina, Raiffeisen Superliga
Das Umfeld des Stadions versprach erneut eine Bruchbude erster Klasse: bröckelnde Mauern, Graffiti, Müll, Uringeruch. Hinter den Mauern besserte sich das Bild: eine zumindest intakte Haupttribüne und ein Vereinsheim, dass sogar Bier verkaufte. Verwöhntes Fußballherz, was willst du mehr?! Da störte es auch nicht, dass die einzige Toilette auf dem Gelände bis zum Rand und sogar der Boden drum herum vollgeschissen waren. Das Spiel (1-0) und die Zuschauer (ca. 2000) sorgten nebenbei für reichlich Unterhaltung, insbesondere die aktive Anhängerschaft auf der Heimseite mit Singsang und gelegentlichem Einsatz von Pyrotechnik. Wenn dann aber auf einmal der Gästetrainer blutend in seiner Coaching-Zone liegt, weil er irgendeine aus der Heimkurve geworfene Flasche abbekommen hat und Balljungen Kieselsteine auf Spieler werfen, fragt man sich schon, was da eigentlich abgeht. Andere Länder, andere Sitten. Abgebrochen wurde das Spiel natürlich nicht. Es gab lediglich eine 15minütige Unterbrechung zur Behandlung der Platzwunde des Trainers, der den Rest des Spiels tapfer seinen Turban zur Schau trug.

Donnerstag, 26.09.: Prishtina - Tirana
Zu unchristlicher Zeit mussten wir aufbrechen, Dank unseres heutigen Reiseziels Tirana und den Abfahrtszeiten des auserwählten Busses. Zügig ging die Fahrt voran und ohne große Grenzkontrollen  war Albanien erreicht. Und später auch die Hauptstadt Tirana. Dank einer kleiner Kollision mit einem PKW im Kreisverkehr und der anschließend penibel auftretenden Polizei war allerdings schon ein paar Meter früher als gedacht Endstation. Wer hätte damit gerechnet, dass in Albanien Unfallanzeigen aufgenommen werden? Aber anscheinend scheint der Polizeiapparat allgemein ziemlich hochgerüstet zu sein. Ich habe noch nie so viele Polizeikontrollen am Straßenrand gesehen…
Nach einem Marsch durch die Stadt bei mittäglicher Hitze war auch die Herberge gefunden. Ein Hostel mit grünem Garten und allerlei heimelichen Ecken – eine Oase der Ruhe, der Garten Eden (Hostel Albania)!  Bis zum Spiel am Abend blieb nun noch reichlich Zeit. Aufgrund der klimatischen Bedingungen begrenzten wir die Erkundung der Stadt auf das Nötigste und widmeten uns in schattigen Flecken den einheimischen Brau- und Grillspezialitäten. Als die Zeit reif war, machten wir uns auf den Weg zum Nationalstadion. 

Albanien - Niederlande, WM-Qualifikation 2015 Frauen
Zu unserer Freude wurde für das Frauenländerspiel kein Eintritt verlangt. Einlasskontrollen gab es auch nicht, sodass die Versorgung mit kühlen Getränken aus einem nahegelegenen Konsum gesichert war. Der erwartete Zuschaueransturm blieb aber wohl aus, weshalb wir kurz vor Anpfiff von der Polizei gebeten wurden, die Gegengerade zu verlassen und das Spiel von der Haupttribüne aus zu verfolgen. Überraschenderweise gab es in der Halbzeit in der Stadionkneipe sogar Bier zu kaufen. Ob die Herren von der UEFA davon wussten? Egal, unseren Herzen waren erfreut. Da kümmerte es auch nicht, dass die Preise - scheinbar willkürlich vom jungen Verkäufer entschieden – innerhalb kürzester Zeit um 50 Lek (=35 Cent) stiegen. Aber gut, das Bier-Kind hatte wohl einen guten Riecher, unseren Durst erkannt und uns somit in der Hand.  Mit dem Abpfiff konnten wir wieder selber über unser Schicksal entscheiden und ließen den Abend bei Rum-Cola und Rommé in einer Kuschelecke unserer Oase zünftig ausklingen.

Freitag, 27.09.: Tirana - Durrës
Leicht gezeichnet vom Vorabend erwartete uns ein Fußball-Ruhetag. Völlig ohne Zeitdruck machten wir uns auf den Weg nach Durrës, Industrie- und Badeort an der albanischen Adriaküste. Die Zeit der Nebensaison ließ uns auf eine noble Herberge in 1. Strandreihe zum kleinen Preis hoffen. 40€ pro Person waren uns dann aber doch zu teuer. Nach einigem Rumgelaufe sprach uns schließlich ein Konsumbesitzer an und vermachte uns mittels Zeichensprache ein Apartment im Nachbarhaus für die kommende Nacht zum akzeptablen Preis. Mit dem Meerblick vom Balkon waren wir wunschlos glücklich. Mit gegrilltem Fisch wurde das Leben anschließend in einem Strandrestaurant gefeiert und der Tag nahm seinen Lauf ohne weitere Zwischenfälle.

Samstag, 28.09. Durrës - Elbasan
Bis ich mitten in der Nacht schweißgebadet aufwachte und das dringende Bedürfnis verspürte, die Toilette aufsuchen. Binnen kürzester Zeit war mein Darm komplett entleert. Jeglicher Nahrungsaufnahme folgte die sofortige Abgabe. Nicht wirklich angenehm. An erholsamen Schlaf war nicht mehr zu denken. Entsprechend müde und ausgelaugt fühlte ich mich am Morgen. Leichte Zweifel ob meiner Transportfähigkeit machten sich breit. Aber letztlich musste es ja weitergehen: die Weiterreise nach Elbasan und der nächste Spielbesuch standen auf dem Plan. Und da mein Körper ja nichts mehr abzugeben hatte, war ich recht optimistisch die dreistündige Busfahrt ohne Zwischenfälle zu überstehen. So kam es dann auch. Und es wäre echt schade gewesen, hätten wir diese planungstechnische, logistische Meisterleistung verpasst: Busankunft auf dem Stadionvorplatz, wenige Minuten Fußweg zur via Couchsurfing von Marco organisierten Herberge und Abfahrtspunkt am nächsten Tag ebenfalls am Stadion.
Vom Stadtbummel, einem Mittagstisch voller Landes-Kochkunst im idyllischen Lokal, Eis essen und Bier trinken im Park hatte ich nicht wirklich viel, da ich meinen entschlackten Körper nur langsam wieder hochfahren wollte. Cola und Bananen schienen vorerst zu helfen.

KS Elbasani – KS Burreli, Kategoria e Parë
Für das Zweitligaspiel durften wir endlich wieder mal Eintritt zahlen (200 Lek=1,50€) und erhielten dafür eine Oldschool-Eintrittskarte. Diese wurde leider am Einlass in viele Einzelteile zerrissen – ein Stich ins Herz jedes Sammlers! Aber dank vieler „Puzzleteile“ konnte ich die Karte später zumindest zu 95% wieder rekonstruieren. Aufgrund meiner körperlichen Verfassung fielen mir öfters mal die Augen zu. Viel Spektakuläres gab es nicht zu sehen, außer einem herrlichen Bergpanorama. Wirklich Spaß hatte ich auch nicht, aber dabei sein ist alles! Immerhin gab es eine funktionale Toilette westeuropäischen Standards. Am Ende sahen etwa 2500 Zuschauer einen verdienten 3-0-Heimsieg.
Während der Rest den Abend normal verbrachte, setzte ich alles auf die Karte „Gesundheit durch Schlaf“, unterstützt durch Anti-Durchfall-Pillen eines weiteren amerikanischen Couchsurfers.

Sonntag, 29.09.: Elbasan - Korçë
Mit einem schon deutlichen besseren Körpergefühl aufgewacht, begann der Tag schon wieder angenehmer. Gegen Mittag trennten wir uns vorerst von Marco und bestiegen den Bus nach Korçë. Über Berge und durch Täler, entlang des Ohrid-Sees ging es in den Südosten Albaniens. Zur Feier des Tages hatten wir uns ein Hotel mit 4 albanischen Sternen (Hotel Kocibelli) ausgewählt. Nicht übermäßig nobel, aber nett und vor allem sehr zentral gelegen.

KF Skënderbeu Korça - KS Lushnja, Kategoria Superiore
Im modernsten Stadion Albaniens gönnten wir uns die teuersten Karten (500 Lek). Dabei war der Kauf echt eine Herausforderung für mich und meine Geduld. Stand ich eigentlich schon in der ersten Reihe vor dem Kartenhäuschen, schaffte es immer wieder ein Einheimischer, vor mir einen Geldschein durch die Luke zu halten und eine Karte zu bekommen. Man steht wohl nicht so gerne in der Schlange… Nachdem der leichte Ärger verflogen war, ging es weiter zum Grillstand gegenüber. Für 50 Lek gab es dort Köfte – ich war zurück im Leben! Auch das Spiel sorgte für weitere Verbesserung meines Gemütszustandes: eine Schnipsel-Choreo auf der Heimseite und eine Pyro-Einlage durch die Gäste, die einen 2-0 für die Gastgeber vor 1800 Zuschauern umrahmten. Mit einem Feierabend-/Genesungs-Bier der lokalen Marke „Birra Korça“ im Hotel wurde der Tag erfolgreich abgeschlossen.

Montag, 30.09. Korçë – (Pogradec – Ljubanishta – Ohrid –) Skopje
Nun lagen 3 fußballfreie Tage vor uns. Einzige Aufgabe war es, die gut 450 km nach Sofia, quer durch Mazedonien, irgendwie zu bewältigen. So richtig klar war nichts. Aber das machte es ja interessant.
Zunächst ging es mit dem Bus im Raketentempo nach Pogradec, wo wir uns einen Bus nach Mazedonien erhofften. Am Bushalteplatz schien es aber keinen zu geben, sodass wir uns für eine Taxifahrt an die albanisch-mazedonische Grenze Tushemisht - St. Naum entschieden. Die Grenze zu Fuß passiert, war weit und breit nichts von einer Bushaltestelle zu sehen. Der Autoverkehr war auch nicht gerade üppig. Also ging es weiter zu Fuß. Nach gut 5 km durch den National Park Galičica war das Dorf Ljubanishta erreicht. Außer 2 Konsums und einem ehemaligen Kulturhaus gab es nichts besonders. Immerhin bestätigte man uns im Konsum, dass um 12.00 ein Bus nach Ohrid fährt. Prima. Vor dem Bus kam dann doch noch ein Taxi, das uns für kleines Geld weiter entlang des Ohrid-Sees in dessen namensgebende Stadt brachte. Nachdem am Bankomat unsere Handlungsfähigkeit mittels einheimischer Währung wieder hergestellt wurde, ließen wir uns am Busbahnhof absetzten. Nach einem Blick auf den Abfahrtsplan und einem Besuch am Fahrkartenschalter war nun klar, dass wir an diesem Tag sogar noch Skopje erreichen sollten. Schon toll, wenn sich ein Reiseplan so Stück für Stück entwickelt. Mit dem Erreichen der mazedonischen Hauptstadt am frühen Abend hatten wir somit schon mehr als die Hälfte der Strecke nach Sofia gemeistert. Und nachdem wir am Busbahnhof gleich die Fahrkarten für die Weiterfahrt am nächsten Tag in der Hand hielten, konnten wir uns in den wohlverdienten Feierabend verabschieden.

Dienstag, 1.10.: Skopje-Sofia
Mit dem Bus ging es unspektakulär in 5 Stunden (etwas mehr als 200 km) durch die Berge nach Sofia, inklusive 1 Stunde Grenzgewese. Wiedermal hatte Tom mit seinem Smartphone eine günstige, zentral gelegene Herberge im Internet gefunden (Hotel Alabin) – 1A!

Mittwoch, 2.10.: Sofia
Für diesen Tag hatten wir uns „einiges“ vorgenommen. Zunächst sollten Karten für das morgige Europapokal-Spiel gekauft werden. Nicht, dass wir Angst vor einem ausverkauften Stadion gehabt haben, aber was man hat, hat man. Dank eines Hinweises in einer der täglichen Sportzeitungen und etwas Spürsinn war eine Vorverkaufsstelle rasch gefunden: ein bescheidenes eventim-Büro in einem versteckten Wohnhaus. Für 15 Lewa (7,50€) gab es schließlich Karten. Weiter ging es zum Nationalstadion „Wassil-Lewski“ und Balgarska-Armija-Stadion, inklusive eines Besuchs im Fanshop von ZSKA Sofia, um die Souvenirwünsche der Daheimgebliebenen zu erfüllen. Von dort sollte es auf kurzem Weg zur Newski-Kathedrale gehen. Daraus wurde aber ein etwas umfangreicherer Spaziergang durch bulgarische Nebenstraßen und Wohngebiete. Muss man auch mal gesehen haben! Nachdem der Tagessoll somit erfüllt war, widmeten wir uns wieder unserer Lieblingsbeschäftigung, der Nahrungsaufnahme. In einer kleinen Gastwirtschaft mit lokalem Publikum gab es bulgarische Küche vom allerfeinsten.

Donnerstag, 3.10.: Sofia
Der Tageshöhepunkt und eigentliche Sinn des Tages war erst für 22.05 Uhr angesetzt. Wir hatten also viel zu viel Zeit und keine Pläne. Zum Glück empfingen wir aber einen deutschen TV-Sender: RTL. Top-Unterhaltung, wenn man das Gehirn mal ausschalten möchte. Zum Mittagessen verschlug es uns in ein größeres Restaurant (Happy Bar & Grill), das uns schon am Vortag aufgefallen war – durch die knappe Bekleidung der Kellnerinnen. Und wirklich bediente eine Augenweite nach der anderen die Gäste. Da war es zu verschmerzen, dass das Essen nur durchschnittlich lecker war. Das Auge musste also fleißig mitessen.

PFC Ludogorets Razgrad – NK Dinamo Zagreb, Europa League
Das auf dem Papier höchstklassigste Spiel unserer Reise zu einer Uhrzeit, zu der man eigentlich ins Bett geht. Aber UEFA und Zeitverschiebung machen es halt möglich. In eine Extra-Schicht Kleidung eingemummelt, machten wir uns auf den Weg durch die Dunkelheit ins hellerleuchtete Nationalstadion. Da das Stadion in Razgrad nicht den UEFA-Anforderungen entspricht, trägt Ludogorets seine Europapokal-Heimspiel nämlich in Sofia aus. Vor 6900 Zuschauer, ohne kroatischen Anhang, spielten die Bulgaren einen gepflegten Ball und zeigten wirklich Fußball fürs Auge. Damit war das 3-0 nach 90 Minuten (Ortszeit 23:45) vollkommen verdient. Die Kälte der Nacht war somit vergessen.

Freitag, 4.10.: Sofia 

Lewski Sofia - Lokomotive Sofia, A Grupa
Das heutige Spiel führte uns in den Nordosten der Stadt, raus aus dem Zentrum, rein ins Plattenbauviertel. Der Spaziergang dauerte ungefähr eine Stunde und war ein prima Zeitvertreib. Nachdem wir uns mit Karten und Programmheften eingedeckt hatten, verbrachten wir die restliche Zeit bis zur Stadionöffnung in einem nahegelegenen Restaurant. Wegen eines Stromausfalls war das Angebot arg reduziert; für Bier und Shopska-Salat hat es aber gereicht. Bei herrlichem Sonnenschein entwickelte sich im Stadion ein übelst schwaches Spiel, Not gegen Elend, Endstand 0-0. Dazu eine sehr enttäuschende Kulisse mit gerade mal 1200 Zuschauern. Da half es nur, zur Ablenkung das Essen von Sonnenblumenkernen zu perfektionieren.

Samstag, 5.10.: Sofia – Skopje
Der letzte Tag in Sofia hielt ein weiteres Stadtderby und die anschließende Rückreise nach Skopje bereit. Also ging es nach dem Check-out im Hotel zum Bahnhof, um die Rucksäcke bei der Gepäckaufbewahrung abzugeben (2 Lewa/24h). Auf dem Bahnhofsvorplatz genossen wir die Sonne bei Bier und Mau-Mau, ehe es mit der Straßenbahn in den Südwesten der Stadt ging (1 Lewa/Fahrt).

Slawija Sofia - ZSKA Sofia, A Grupa
Da wir ein paar Stationen zu früh ausgestiegen sind, dürfen wir auf dem Weg zum Stadion mal wieder die Wohngebiete Sofias besser kennenlernen. Im Stadion angekommen, durfte ich mich bei der Fotorunde einer kurzen Sonderkontrolle durch einen scheinbar gelangweilten Polizisten unterziehen. Mein voluminöser Bauch-Bereich, geformt durch Jacke, Kamera, Mau-Mau-Karten und natürlich Körper schien ihm wohl etwas verdächtig… Während wir es uns auf der Haupttribüne gemütlich machten und der Heimbereich insgesamt nur spärlich gefüllt war, füllte der Gästeanhang die Gegengerade ganz ordentlich und sorgte auch für akustische Unterhaltung. Allein deswegen ging das 0-1 vor 1100 Zuschauern in Ordnung.
Nach dem Abpfiff ging es schnurstracks zur nächstgelegenen Straßenbahn-Haltestelle und ab zum Bahnhof, wo die letzten Lewa erfolgreich gegen Nahrungsmittel eingetauscht werden konnten. Abermals sollte uns ein Bus nach Skopje bringen. Im Endeffekt gab es keine Unterschiede zur Hinfahrt, außer dass es draußen dunkel war und an der Grenze die Taschen ausgepackt werden durften. Gegen Mitternacht kamen wir in Skopje an und waren ob der Menschenmassen in der Stadt um die Uhrzeit etwas überrascht. Überall Remmidemmi. Wie sich herausstellte, feierte Skopje die „Бела Ноќ“ (Weiße Nacht). Heißt also Feiern bis zum nächsten Morgen. Aufgrund von Müdigkeit und Desinteresse suchten wir aber unsere Herberge auf (Hotel Laki). Unglücklicherweise befand sich unser Zimmer genau über einer Karaoke-Bar. Glücklicherweise waren wir aber so müde, dass uns das Gejaule nicht vom Schlafen abhalten konnte.

Sonntag, 6.10.: Skopje/Tetovo
Voller Tatendrang nahmen wir den Tag in Angriff, schließlich wollten wir noch irgendwo in Mazedonien ein Spiel sehen. Nachdem endlich ein geöffneter Kiosk gefunden war (die Stadt schien nach der nächtlichen Feierei noch im Dornröschenschlaf), versorgte uns eine Sportzeitung mit den möglichen Spielen, Anstoßzeiten und Spielorten. Ein Abgleich mit den Abfahrtszeiten am Busbahnhof sorgte dafür, dass wir uns für ein Erstliga-Spiel in Tetovo entschieden. Keine Stunde Fahrt später waren wir bereits am Ziel und hatten mal wieder viel Zeit. Zeit, zum spazieren und essen. Das übliche halt.

KF Shkëndija - FK Euromilk Gorno Lisiče, Prva Liga
Für 100 Denari (1,60€) erhielten wir Eintritt ins leicht ramponierte Stadion. Wieder einmal schafften es die Besucher auf den Rängen uns vom Geschehen auf dem Rasen abzulenken. Sorgten anfangs gut 200 Heimanhänger für lautstarke Unterstützung, gab es Mitte der 1.Halbzeit 2 handfeste Auseinandersetzungen untereinander. Der Block leerte sich und jegliche war Stimmung dahin. In der 2.Halbzeit bekam ein Linienrichter die Wut der Zuschauer über ein wegen Abseits nicht gegebenes Tor zu spüren. Irgendein Wurfgeschoss traf ihn im Nacken, woraufhin er zusammen brach. Als der Schiedsrichter daraufhin zum 4.Offiziellen lief, verfehlte eine volle Wasserflasche seinen Kopf nur knapp. Nach einer kurzen Unterbrechung ging das Spiel aber weiter. Harte Hunde, die albanischen Schiedsrichter. Mit einem 3-0-Auswärtssieg endete die Partie vor letztlich etwa 2500 Zuschauern ohne weitere Ausschreitungen.

Zurück in Skopje feierten wir die Wiedervereinigung mit Marco, zünftig mit Bier und Rakija in einer Altstadt-Kneipe (Kaldrma Rakija Bar). Auf dem Heimweg musste auch noch einer Eckkneipe ein Besuch abgestattet werden. Es galt den Geschmack des mir bereits aus Belgrad bekannten Pelinkovac erneut zu ergründen…

Montag, 7.10.: Skopje 
Der letzte Urlaubstag stand an. Auf dem Plan hatten wir nichts, außer etwas Stadtleben. Dass daraus dann doch ein ziemlich interessanter Kulturtag wurde, lag vor allem an Marcos Couchsurfing-Gastgeber. Nach einem Bummel durch die Altstadt und über den Basar, führte er uns hochmotiviert über die Festung und verpflegte uns mit allerhand Hintergrundinfos rund um Skopje und Mazedonien. Eine Auswahl: ein Erdbeben zerstörte 1963 fast die ganze Stadt; in ganz Mazedonien gibt es nur 3 Brauereien. Auch wusste er, nach was unsere leicht verkaterten Körper nun gierten. Bier sowie Kebab und Tavče Gravče (im Ofen in Tontöpfen mit weißen Bohnen, Fleisch, Gemüse und Paprika zubereitet) gaben uns wieder Kraft. Nach einem Verdauungsspaziergang zum beim Erdbeben zur Hälfte zerstörten Bahnhofsgebäude, verabschiedeten wir uns zunächst von Marco und seinem Gastgeber. Am Abend schafften wir es leider nicht mehr, uns nochmal zu einem Abschiedsgetränk aufzuraffen. Asche auf unsere Häupter.

Dienstag, 8.10.: Skopje - Erfurt
Für 1000 Denari (16€) brachte uns ein Taxi zum Flughafen und später ein WizzAir-Flieger nach Dortmund. Für 3€ gönnten wir uns den Shuttle-Bus nach Holzwickede – auf Wunsch eines einzelnen Herrn. Ja, ich gebe zu, die 2 km hätte man in Nachhinein auch locker laufen können. Mit reichlich Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges im Gepäck, machten wir uns auf die Suche nach einem Imbiss. Der örtliche Chinese schien dafür prädestiniert, hatte aber Ruhetag – am Dienstag!? Schließlich musste ein Grieche herhalten. Gut gestärkt ging es letztlich auf die letzte Etappe der Reise, mit Regionalzügen über Soest, Paderborn, Ottbergen und Göttingen nach Erfurt. Und das ohne Verspätung! Ein würdiger Abschluss!

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