Mittwoch, 13. Juni 2012

Damals: KA-CH-HRO

Ein geschichtsträchtige Tour aus dem Jahre 2007. Vor allem, wenn man betrachtet, dass eines der besuchten Stadien bereits abgerissen wurde (Hardturm, Zürich) und eines nur noch sporadisch bespielt wird (Espenmoos, St.Gallen). Und kilometerreich war das ganze auch noch.

Nach 3 1/2 Jahren hat es endlich geklappt - eine gemeinsame Tour mit meinem Kumpel Volker aus Karlsruhe, den ich 2003 in Liverpool kennenlernte. Verabredet hatten wir uns für das Wochenende 16.-18.März.
Los gings für mich dann von Erfurt, von wo mich eine Mitfahrgelegenheit nach Karlsruhe bringen sollte. Das klappte dann auch ziemlich gut: eine ältere Dame fuhr. Neben mir war noch eine ältere Dame zu Gast. So war die Fahrt dann relativ ruhig: kulturelle Gespräche zwischen den Damen, dazu entsprechende Musik (Liedermaching und Chansons) und ich konnt mich entspannt zurück lehnen und auf das Wochenende freuen. Gegen Mittag erreichten wir dann Karlsruhe bei blauem Himmel und Sonnenschein. Das nächste Ziel war die Wohnung meines Kumpels, wo es erstmal Mittagessen gab und wir uns viel zu erzählen hatten - natürlich den Fussball betreffend. Am späteren Nachmittag machten wir uns dann auf zum Karlsruher Wildparkstadion, vorbei am Schloss (Kultur!). Insider-Tipp: Karlsruhe ist die Fächerstadt. Alle Strassen sind vom Schloss aus fächerartig angeordnet, dh. man sieht immer das Schloss. Wichtiger war jedoch das heutige Zweitligaspiel.

16.03.2007 Karlsruher SC - Rot-Weiss Essen 
Vor 26.700 Zuschauern gewann der falsche RWE überraschend 3-1. 
Fazit: fast volles Haus, spannendes Spiel, gute Atmosphäre. Nach dem Spiel gings dann noch auf ein paar Bierchen in einen Pub und später dann auch ins Bett. 

Samstagmorgen hieß es nach einem Frühstück mit frischen Brötchen (so was kennt man ja als Student gar nicht mehr): Heidi, wir kommen! Eigentlich war der Plan, Zürich am Mittag zu erreichen, um die Stadt ausgiebig anzuschauen. Unterwegs war der Drang nach Fussball doch irgendwie größer, als der nach Kirchen etc. Also machten wir einen kleinen Abstecher nach Strasbourg. Das "Stade de Meinau" war auch geöffnet, so dass wir es in Ruhe besichtigen konnten. Dann gings weiter und kurz vor Freiburg fiel die Entscheidung wieder auf Stadiongucken statt Züricher Kultur. Das Dreisam-Stadion war auch geöffnet und nebenan trainierte noch die Freiburger Mannschaft um Volker Finke. War nett anzusehen das Training. Für einen Lacher sorgte ein farbiger Freiburger als er von seinem Mitspieler eine "Banana" forderte. Also jetzt keine Banane, sondern eine Bananen-flanke. Gleich in der Nähe war auch noch das Möslestadion. Dann gings weiter Richtung Zürich, vorbei an Basel und dem St.Jakob Park. 
Als wir die Stadt, die dem Züricher See seinen Namen gab, erreichten, war wieder bestes Wetter angesagt. Ziemlich zügig fanden wir dann auch die Jugendherberge, wo wir erstmal eincheckten. Anschließend ging es doch noch in die Stadt zu einem kurzen Kulturtripp: Kirchen, Denkmäler usw. Und natürlich die Flaniermeile. Ich muss sagen, Zürich ist schon ziemlich nobel: alle möglichen Designer haben dort ihre Läden, massenweise Luxus-Autos und natürlich auch Menschen von der Sorte, wo sich einer geiler findet als der andere. Typisch waren auch die Bastian-Schweinsteiger-Gedächtnis-Brillen, die dort jeder trägt, der was auf sich hält. Naja, wir fühlten fast ein bisschen underdressed. 

17.03.2007 Grasshopper-Club Zürich - FC Luzern 
Also gings für uns, den Pöbel, Richtung Hardturm-Stadion, wo wir uns an diesem Abend das Spiel der "Axpo-Super-League" Grasshopper-Club Zürich - FC Luzern anschauen wollten. Dorthin brachte uns eine Strassenbahn des Baujahres 1966. Am Stadion gab es ein Stehplatz-Ticket für 15 Franken, also 10€. (Meine Thoska wurde sogar als Ermäßigungsnachweis anerkannt.) Im Stadion wurde dann erstmal das kulinarische Angebot getestet und schon lernten wir die erste landestypische Eigenart kennen. Die Bratwurst ist man in der Schweiz folgendermaßen: in die eine Hand einen Teigklumpen und in die andere die Wurst in Papier eingewickelt. Warum die Wurst nicht ins Brötchen kommt, konnte mir keiner sagen. Ich denke der Grund dafür ist, dass man das Brötchen so schön aufs Spielfeld Richtung Schiedsrichter/Gegenspieler werfen kann. Ist aber nur eine Vermutung. Unsere karten plazierten uns mitten in der Fankurve der Grashüpfer. Aber so richtig voll wurde es dort nicht, letztendlich insgesamt nur 4.900 zuschauer. Warum das so ist, wussten wir nach dem Spiel: sehr schwaches spielerisches Niveau. Und das trotz so vieler Bundesliga-All-Stars: Zürich mit Balakov als Trainer und auf dem Feld mit Ailton, Diego Leon (Bielefeld), Roberto Pinto (glaube Hertha), Sreto Ristic (Stuttgart, leider verletzt). Luzern mit Sforza als Trainer und Mario Cantaluppi (Nürnberg) auf dem Platz. Fazit: vom Spiel her katastrophal schwach und langweilig, trotz des 5:0-Sieges der Hoppers. Das Stadion sehr eigenartig, viel wellblech, einfach charakterhaft - also mir hats gefallen. Nach dem Spiel waren wir dann auch nicht mehr so in der Stimmung, das Züricher Nachtleben zu rocken. Also ging es mit einer Strassenbahn, Baujahr 1973, gen Jugendherberge. Aber nicht lange, dann blieb die Bahn stehen. Das Licht ging aus - wen wunderts bei dem Alter, die Bahn war hin. Die Schweizer nahmen es gelassen - "Das passiert hier öfters." So gings per Fuss zur nächsten Haltestelle. Dabei kamen uns recht viele Feuerwehrwagen entgegen. Wie wir später erfahren sollten, haben die Luzerner die Toilettenhäuschen in der Gästekurve in Brand gesetzt. Die Schweizer wieder, bekannt für ihr zügelloses Temperament. 
In der Jugendherberge ließen wir den Tag dann bei Billard, Kickern und Bier entspannt ausklingen. Als wir schlafen gehen wollte, lagen bereits zwei belgische Pakistani in unserem 4-Bett-Zimmer. Alles okay, aber dann fing der eine an Bäume zu fällen. Wir haben gedacht, wir müssen ausrasten. Erst gewartet, vielleicht hört er ja auf - aber nix da. Nach einigem Hin und Her war ich irgendwann so müde, dass ich irgendwie eingschlafen bin. Mein Kumpel konnte es aber nicht aushalten und hat sich ein neues Bett besorgt. 

Nach einer somit unruhigen Nacht war das Erste, was wir am nächsten Morgen sahen, das "unschuldige" Grinsen der Pakistani - die Schweine! Egal, Abenteuer Jugendherberge. Nach einem ausführlichen Frühstück ging es den auf Richtung St.Gallen. Statt auf der Autobahn fuhren wir schön gemütlich auf der Landstraße, entlang des Züricher Sees und durch die Berge. Ein echt traumhafte Landschaft, wie in den Heidi-Filmen. Dazu noch super Wetter - was will man mehr?!? Gegen 14.00 Uhr erreichten wir schließlich St.Gallen mit seiner Weltkulturerbe-Altstadt, die wir aber leider verpassten. 

18.03.2007 FC St.Gallen - Young Boys Bern
 Das Stadion Espenmoos war schnell gefunden und so ging es erstmal hinein, da gut 2 1/2 stunden vor dem Anpfiff alles offen war. Da unser aber der Hunger packte, ging es wieder hinaus. Fündig würden wir dann in einer Kneipe neben dem Stadion. Gutes Bier und gutes Essen - die Kneipe "Espenmoos" ist nur zu empfehlen. Später ging es wieder hinein ins Stadion. Karten gabs wieder mit Thoskas Unterstützung für 10 Franken. Das spiel endete 1-1 vor fast ausverkauftem Haus (9.700), wobei St.gallen den Sieg verdient gehabt hätte. Und wieder waren Bundesliga-All-Stars dabei: Marc Zellweger (Köln) bei St.Ggallen und Martin Andermatt (Ulm) als Trainer der Berner. Die stimmung war klasse und die Atmosphäre irgendwie richtig gemütlich. Nach dem Spiel ging es dann wieder nach Deutschland. Trotz übelst bescheidenem wetter und sichtverhältnissen erreichten wir Karlsruhe heil und munter. Erstmal mussten wir natürlich das Erlebte verarbeiten, ehe wir erschöpft ins Bett fielen. 

Am nächsten Morgen ging es für meinen Kumpel wieder auf die Arbeit und für mich zum Bahnhof. Vor mir lagen 7 Stunden Zugfahrt nach Rostock, die doch ziemlich schnell vorbei gingen. In Rostock war das Wetter im Gegensatz zu den vergangenen Tagen dann ziemlich schlecht: Kälte und Schneeregen. 

19.03.2007 FC Hansa Rostock - 1.FC Köln 
Als erstes ging es zum Stadion um eine Karte zu holen, die es für 5€ auch ziemlich günstig gab, natürlich unter Mithilfe der Thoska. Die Stunden bis zur Öffnung der Tore vertrieb ich mir mit Currywurst essen, Bier trinken und Aufwärmen in der Vorhalle des Neptun-Bades. Gegen 19.00 ging es dann endlich ins Innere des Ostseestadions, wo ich nach kurzem auch Saalepiraten-Micha und Anhang traf. Das Spiel war zunächst auf Schweizer Niveau, aber dann wurde es zum Glück besser. Am Ende gabs ein leistungsgerechtes 1-1 vor 16.300 Zuschauern. Fazit: schmuckes Stadion, aber irgendwie charakterlos (wie alle modernen Stadien). Die Stimmung eigenartig, weil jedes Grüppchen einzeln statt gemeinsam sang. 

Nach dem Spiel verabschiedete ich mich von den Kollegen und machte mich auf den Weg zum Bahnhof, wo 6 Stunden Nachtruhe auf mich warteten. Die Bänke waren dann auch wider erwarten ganz bequem, so dass ich sogar etwas schlafen konnte und die Zeit doch gut rum ging. Um 4.33 ging dann mein Zug Richtung Jena, wo ich gegen 10.30 recht munter ankam und als vorbildlicher Student natürlich erstmal die FH aufsuchte. Da gabs aber zum Glück nichts Weltbewegendes, sodass ich mich dafür entschied, erstmal in meiner WG zu entspannen. 

Insgesamt war es ein richtig schönes Wochenende: 4 Spiele und 7 Stadien in 4 Tagen. Und mal nicht alleine zu fahren, war auch eine nette Erfahrung. Was hab ich gelernt? Die Schweiz hat eine wunderschöne Landschaft, Zürich ist mir zu nobel, die Bratwurst gehört ins Brötchen und Thoska ist nun meine neue beste Freundin.

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